Standard Operating Procedures

Gültigkeit und Änderungen

Der Gültigkeitszeitraum ist bedeutend für die „Lebensdauer“ von SOPs und beeinflusst die formalen Prozesse zur Gültigkeitsverlängerung, Außerkraftsetzung oder zur Überarbeitung/Änderung maßgeblich.

Nichts währt für die Ewigkeit. Lebensmittel werden mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum versehen, Medikamente ebenso und selbst die menschliche DNA ist mit einem Ablaufdatum versehen. Die Gültigkeit von Dokumenten, insbesondere von Standard Operating Procedures (SOPs) ist für deren Lebenszyklus elementar, gerade in den hochregulierten Branchen der LifeSciences.  

Eine SOP ist nie unbegrenzt gültig. Deshalb handelt es sich um einen dynamischen Prozess, der eine sorgfältige Planung, Überwachung und Dokumentation erfordert. Klare Richtlinien für den Gültigkeitszeitraum, systematische Überarbeitungsprozesse und eine transparente Versionierung sind unerlässlich, sodass SOPs stets den aktuellen Anforderungen entsprechen. Für die Ersteller von SOPs ist die Aufmerksamkeit der lesenden SOP-Zielgruppe garantiert. Mit den digitalen Möglichkeiten der Gültigkeitsdefinition ist deshalb eine hohe Sorgfaltspflicht verbunden, denn die relevante (lesende) Zielgruppe kann selbst mit der einfachsten Kenntnisnahme in einem mittelständischen Unternehmen hunderte von produktiven Arbeitsstunden verbringen. Wird die Gültigkeit im Übereifer zu kurz festgelegt, sinkt die Akzeptanz und Aufmerksamkeit in der Zielgruppe. Ist diese zu lange, wird das Ziel des „Lesens und Verstehen“ konterkariert. Deshalb ist ein genaues Verständnis der Gültigkeitsparameter und der damit verbundenen Änderungsprozesse – kurz Changes – essenziell, um den reibungslosen Betrieb von Organisationen zu gewährleisten. Dem Audit Trail kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu, da dieser für die versionsübergreifende Transparenz sorgt. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf die Aspekte der Gültigkeit von SOPs und die Änderungsverfahren dazu.   

SOPs haben schon bei der Erstellung ein festgelegtes Geburts- und Sterbedatum 

Wer legt eigentlich den Gültigkeitszeitraum fest und haben SOPs immer die gleiche Gültigkeitsspanne? Die Verantwortung für die Festlegung des Gültigkeitszeitraums liegt in der Regel bei den Verantwortlichen für die Dokumentenlenkung, oft in Zusammenarbeit mit den Fachexperten und Qualitätsmanagern. Und nein: SOPs haben nicht immer die gleiche Gültigkeitsspanne. Die Gültigkeitsspanne einer SOP kann je nach Branche, Art der Aktivität, regulatorischen Anforderungen und Unternehmenspolitik variieren. Es gibt keine universelle Regel, die für alle SOPs gilt, da verschiedene Faktoren berücksichtigt werden müssen. Zur Bestimmung des Zeitraumes evaluiert das Team verschiedene, einige kritische Faktoren: 

  • Regulatorische Anforderungen: Gesetzliche Vorschriften können vorschreiben, wie oft eine SOP überprüft und aktualisiert werden muss. Dies kann den Zeitrahmen beeinflussen.  
  • Art der Prozesse: Komplexe oder risikoreiche Prozesse erfordern möglicherweise kürzere Gültigkeitszeiträume, um sicherzustellen, dass die SOP stets auf dem neuesten Stand ist und regelmäßig überprüft wird. Auch wenn sich Prozesse oder Vorschriften häufig ändern, ist es ratsam, kürzere Überprüfungszyklen zu wählen. 
  • Interne Richtlinien: Die Unternehmenspolitik oder Qualitätsstandards spielen eine entscheidende Rolle in der Wahl des Gültigkeitszeitraumes. Einige Unternehmen bevorzugen möglicherweise kürzere Überprüfungszyklen, um Flexibilität oder Prozesssicherheit zu gewährleisten. 
  • Branchenspezifika: Unterschiedliche Branchen haben unterschiedliche Standards. Zum Beispiel sind in der Pharmaindustrie mit strengen Vorschriften (es stehen Menschenleben auf dem Spiel), tendenziell kürzere Gültigkeitszeiträume sinnvoll und üblich, um zu gewährleisten, dass Prozesse auf dem neuesten Stand und sicher sind. 
  • Risiken: Je höher die Risken in der Durchführung eines Prozesses oder je höher ein potenzielles Schadenausmaß, desto häufiger sollten die Prozessbeschreibungen geprüft werden.  

Die Dauer des Gültigkeitszeitraums variiert. Er ist eben nicht wie ein Mindesthaltbarkeitsdatum zu sehen, sondern wie ein klares Verfallsdatum. Ist die Kreditkarte bis 31.12. gültig, braucht es ab dem 01.01. um 00:00:01 Uhr eine neue Karte.  In der Regel werden Gültigkeitszeiträume von einem bis drei Jahren gewählt. Sonderfälle können jedoch eine kürzere Gültigkeitsdauer erfordern, beispielsweise bei neuesten Technologien oder in hochriskanten Bereichen. Insgesamt muss jedes Unternehmen den für sich optionalen Gültigkeitszeitraum basierend auf der jeweils individuellen Situation festlegen.  

Der Gültigkeitszeitraum als Taktgeber für die Compliance 

Ein falsch festgelegtes Datum für den Gültigkeitszeitraum kann schwerwiegende Konsequenzen haben. Wenn die SOP nicht rechtzeitig überprüft und aktualisiert wird, besteht das Risiko, dass veraltete oder nicht konforme Verfahren implementiert werden. Dies kann nicht nur die Qualität und Effizienz beeinträchtigen, sondern auch zu Compliance-Problemen führen und das Risiko von Fehlern oder Unfällen erhöhen.  

„Systeme, die nicht mit der Zeit gehen, gehen mit der Zeit“  

Die Gültigkeit von SOPs macht für deren Zielgruppe deutlich, dass die Anweisung zeitgemäß und relevant ist. Doch in einer sich ständig verändernden Geschäftsumgebung ist die Fähigkeit zur Anpassung entscheidend. Hier kommt das Change Management ins Spiel, das den nahtlosen Übergang von einer SOP-Version zur nächsten gewährleistet. Die wichtigsten Verfahren dazu sind:  

Überarbeitung: Wenn eine SOP überarbeitet werden muss, sollten die Änderungen dokumentiert werden, wobei eine neue Versionsnummer und ein aktualisiertes Datum vergeben werden. Die SOP durchläuft den Status „in Bearbeitung“, bis die Autoren und Co-Autoren eine freigabefähige Version erstellt haben. Nach dem Start des Freigabeverfahrens wechselt der Status in „zur Erfassung“, und die Prüfer übernehmen die Überprüfung. Nach erfolgreicher Prüfung erfolgt die digitale Signatur, wodurch das Dokument nicht mehr bearbeitet oder kommentiert werden kann. Falls schwerwiegende Abweichungen oder Fehler auftreten, die eine umfassende Überarbeitung erfordern, wird der Workflow abgebrochen, und das Prozedere startet erneut. Nach einer erfolgreichen Überarbeitung einer SOP, die in einer neuen Version (n+1) resultiert, müssen weitere Schritte unternommen werden: 

  • Verteilung: Die aktualisierte SOP muss effektiv im gesamten Unternehmen verteilt werden. Dies kann digital oder physisch erfolgen, abhängig von den internen Prozessen und Systemen. 
  • Training: Die Mitarbeiter müssen über die Änderungen in der SOP informiert und entsprechend geschult werden. Dies gewährleistet, dass sie die neuen Verfahren verstehen und korrekt anwenden können. 
  • Gültigkeitszeitraum: Die neue Version der SOP tritt nach dem im Gültigkeitszeitraum festgelegten Datum in Kraft. Es ist wichtig sicherzustellen, dass alle betroffenen Mitarbeiter zu diesem Zeitpunkt nach den aktualisierten Verfahren arbeiten. 

Gültigkeitsverlängerung: In einigen Fällen kann die Gültigkeit einer SOP verlängert werden, wenn die Verfahren weiterhin relevant sind. Dies sollte in Übereinstimmung mit klaren Verfahren und den aktuellen Anforderungen erfolgen. Die Entscheidung zur Gültigkeitsverlängerung sollte dokumentiert und von autorisierten Personen getroffen werden. Eine erneute Überprüfung kann erforderlich sein, um sicherzustellen, dass die SOP weiterhin den geltenden Standards entspricht. Wenn die Gültigkeit einer SOP verlängert wird, sollten die folgenden Schritte unternommen werden: 

  • Dokumentation: Die Entscheidung zur Gültigkeitsverlängerung sollte in den SOP-Unterlagen festgehalten werden, um die Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten. 
  • Weiterhin Überwachen: Die SOP sollte weiterhin überwacht werden, um sicherzustellen, dass sie den aktuellen Standards und Anforderungen entspricht. Dies kann interne Audits oder Überprüfungen durch externe Stellen beinhalten. 
  • Benachrichtigung der Mitarbeiter: Die Mitarbeiter sollten über die Verlängerung informiert werden und darauf hingewiesen werden, dass die bestehende SOP weiterhin gültig ist. 
  • Aktualisierung des Gültigkeitszeitraums: Der Gültigkeitszeitraum der SOP wird entsprechend angepasst, und die neue Frist wird in den Unterlagen dokumentiert. 

Diese Maßnahmen gewährleisten, dass die Gültigkeitsverlängerung reibungslos und in Übereinstimmung mit den geltenden Anforderungen erfolgt. Dies stellt sicher, dass die SOP weiterhin effektiv und konform ist und die Mitarbeiter stets über aktuelle Verfahren informiert sind.  

Außerkraftsetzung: Wenn eine SOP nicht mehr benötigt wird oder durch eine andere ersetzt wird, muss sie ordnungsgemäß (dokumentiert und nachvollziehbar) außer Kraft gesetzt werden und eine klare Dokumentation erhalten. Dies kann aufgrund von veränderten Anforderungen oder obsoleter Verfahren notwendig sein. Die Außerkraftsetzung erfolgt gemäß den internen und externen Vorschriften und Richtlinien und sollte in einer Dokumentenlenkungs-SOP ausführlich beschrieben sein. Auch bei einer Außerkraftsetzung sollten die relevanten Mitarbeiter bzw. der relevante Personenkreis informiert werden. 

Die Reaktivierung einer außer Kraft gesetzten und archivierten SOP erfordert ebenfalls einen strukturierten Prozess, der idealweise durch ein IT-System geführt wird. Doch bevor eine SOP reaktiviert wird, ist es wichtig, die Gründe für die ursprüngliche Außerkraftsetzung zu evaluieren. Dies könnte aufgrund von veralteten Informationen, geänderten Prozessen oder anderen Faktoren geschehen sein. Die Kenntnis dieser Gründe ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die reaktivierte SOP diesen Problemen angemessen begegnet. Zur Reaktivierung wird i.d.R. zunächst ein Antrag inkl. Begründung gestellt. Im Rahmen der Antragsgenehmigung muss die SOP einer gründlichen Prüfung unterzogen werden, um sicherzustellen, dass die Informationen korrekt, aktuell und den geltenden Standards entsprechen. Um alle relevanten Aspekte zu berücksichtigen, erfolgt dies idealerweise durch die betroffenen Stakeholder, also Fachexperten, Qualitätsmanager oder vertraute Mitarbeiter.  Sofern keine Anpassungen notwendig sein, wird die SOP reaktiviert und gültig. Im Falle der Überarbeitung durchläuft sie erneut das definierte Freigabeverfahren. In jedem Falle erfordert die Reaktivierung eine klare Kommunikation; entweder zur Information oder zum Training.   

 

Digitalisierung hin oder her – an autorisierten Papierkopien kommt man nur selten vorbei 

Die Verwendung von autorisierten Papierkopien trotz digitaler Arbeitsweise kann mehrere Gründe haben, die oft auf spezifische Anforderungen, Präferenzen oder regulatorische Vorgaben zurückzuführen sind.  Beispielsweise können Behörden spezifische Anforderungen an die Dokumentation und Archivierung von SOPs haben. Manche Vorschriften verlangen möglicherweise nach physischen Unterlagen als Backup oder für bestimmte Prüfungszwecke.  Auch in der heutigen Zeit, kommt es auch immer noch zu Umgebungen, in denen der Online-Zugriff möglicherweise eingeschränkt ist oder physische Kopien für den Notfall benötigt werden; wenn es zu einem Ausfall der IT-Infrastruktur kommt. In den meisten Fällen werden Papierkopien jedoch benötigt, um Arbeitsplätze ohne PC mit den Anweisungen zu versorgen oder um externe Partner, Lieferanten oder Kunden mit den Dokumenten zu versorgen. Da das digitale Dokumente führend ist, und Externe üblicherweise keinen Zugang zum internen QMS/DMS erhalten, werden Papierkopien genutzt, die formal autorisiert werden. In jedem Fall muss die Papierversion kontrolliert erzeugt und als solche gekennzeichnet werden. Es ist zu protokollieren wann, welche Version an wen überreicht wurde. Im Idealfall übernimmt dies das IT System. Es dokumentiert für den SOP-Eigner die autorisierte Kopie und erinnert ihn bei Freigabe einer neuen Version an den Einzug und die Vernichtung der ausgegebenen Fassung und Zusendung der neuen Version. 

 

Wissenswertes | News | Aktuelles