Standard Operating Procedures
SOPs sind Dokumente mit der höchsten Bedeutung in der pharmazeutischen Industrie oder Medizintechnik (allgemein der Life Sciences) und häufig auch der Lebensmittelindustrie oder (Natur)Kosmetik. Standard Operation Procedures, übersetzt Standardarbeitsanweisungen, beschreiben insbesondere kritische Abläufe bzw. Prozesse mit einer potenziellen Auswirkung auf die Gesundheit, Sicherheit und Umwelt.
Standard Operating Procedures:
Standardanweisungen in der Life Science für Konsistenz, Qualität und Compliance
Die Standard Operating Procedure beschreibt Mitarbeitenden detailliert die Abhandlung durchzuführender Arbeitsschritte oder Vorgängen inklusive der Ergebnisprüfung sowie deren Dokumentation.
Außerhalb der Life Sciences Branchen spricht man anstatt von SOPs aber auch von Richtlinien, Policies, Regularien, Vorschrift, Anordnung, Arbeitsauftrag, Dienstanweisung, Direktive, Geheiß, Mandat, Order, Weisung, im militärischen Sinne Befehl und juristisch betrachtet Gesetz oder rechtliche Bestimmung. All diesen begrifflichen Varianten gemeinsam ist, dass bei der Beschreibung eines Themas, Vorganges oder Prozesses Interpretationsfreiräume oder sonstige kreative Alternativen ausgeschlossen werden. Es handelt sich nicht um eine Empfehlung, ein Vorschlag oder einen gut gemeinten Rat, sondern um eine verbindliche Anweisung ohne Wenn und Aber und Diskussionsspielraum.
Mit SOPs wird das Ziel verfolgt, eine einheitliche Ausführung und ein zu 100% identisches Endergebnis zu erzeugen. Zudem geht es um die Konformität zu jeglichen ethischen und gesetzlichen Standards. So verwundert es nicht, dass schon die Erstellung einer SOP arbeitsintensiv und zeitaufwendig ist, denn was eindeutig und auch verständlich sein soll, muss auch ausformuliert sein. SOPs bringen eine Reihe von Vorteilen mit sich. So beschreiben Standardarbeitsanweisungen allen Mitarbeitern in einheitlicher und nachvollziehbarer Weise jegliche Prozesse. Es ist klar dargestellt wer, was, wann, wo und wie zu tun hat. Diese Standardisierung vereinfacht und beschleunigt damit auch die regelmäßigen Schulungen und die Einarbeitung neuer Kollegen. Andererseits beugen SOPs den Fehlern vor und gewährleisten damit eine gleichbleibend hohe Qualität.
Vom Schwarzen Brett zur digitalen Dokumentenlenkung:
Rahmenbedingungen für den Aufbau des SOP-Lebenszyklus
Auf den ersten Blick sieht der SOP-Lebenszyklus einfach aus und besteht aus den Schritten der Erstellung, Prüfung, Freigabe und Veröffentlichung. Ein Ersteller oder Autor, d.h. Verfasser einer Standard Operating Procedure sendet diese zur Prüfung an eine weitere Person und ohne Einwand wird der Vorgang an eine weitere Person zur Freigabe gesendet. Danach erfolgt die Veröffentlichung an die Zielgruppe. In nicht wenigen Unternehmen werden heute noch Papierdokumente von A nach B zu C transportiert. Erfolgt dies digital, könnte die Hauspost auch durch ein eMail-Programm ersetzt werden. Aber immer, wenn Prozesse digitalisiert werden wie hier in ein Verfahren der Compliance- bzw. Regulatorisch konformen Dokumentenlenkung, wird es schnell kompliziert.
Die Regulierungsinstanzen (FDA, EMA etc.) fordern ein Mindestmaß an strukturellen Eigenschaften einer SOP ebenso wie die Beschreibung welche Ziele bzw. welcher Zweck mit einer SOP erreicht werden soll. In nur wenigen Fällen sind SOPs für die gesamte Belegschaft einer Unternehmung relevant. Gängige Abgrenzungskriterien sind Aufbauorganisatorische Aspekte wie z.B. Werk, Unternehmensbereich, Tochtergesellschaft, Abteilung oder Kostenstelle aber auch disziplinarische Verantwortungsrollen wie zum Beispiel Abteilungsleitung oder Teamleitung. So unterscheiden sich z.B. SOPs für die pharmazeutische Herstellung im Reinraum von SOPs zum automatisierten Falten der Beipackzettel durch den Adressatenkreis, die Leser oder Kenntnisnehmer. Kurz gesagt: SOPs sind immer für eine definierte Zielgruppe relevant. Die Definition dazu, welche Personen der Zielgruppe zugehörig sind und welche nicht, wird im Benutzermodell durch ein feingranulares Rollen- und Berechtigungskonzept abgebildet.
Auch die Verteilung ist ein diffiziles Regelwerk, das erst einmal generisch in allen Auf- und Ablauforganisatorischen Varianten durchdacht sein muss, nämlich wer – also welche Zielgruppe – erhält wann welche SOP. Dabei muss eine unternehmensinterne Überregulierung, d.h. im Zweifelsfall wird Alles an Alle versendet ebenso vermieden werden, wie unangemessene Vereinfachungen und am Ende „wusste niemand Bescheid“. Die Mitarbeitenden einer Unternehmung sind keine konstante Einheit: Mitarbeiter verlassen das Unternehmen, neue Mitarbeiter werden eingestellt, der Familienstand und manchmal auch das Geschlecht ändern sich. Abwesenheiten z.B. durch Krankheit, Urlaub, Sabbaticals, Rollenwechsel z.B. durch Beförderungen , Stellvertreterregelungen etc. wirken direkt auf die geplanten Verteilungsregeln, die situationsabhängig und automatisiert angepasst werden müssen.
Und auch die Qualität der Kenntnisnahme einer Standard Operating Procedure reicht weit über den Status „Gelesen“ hinaus. Manchmal lösen die Verteilung von SOPs – je nach Inhalt und Zielgruppe – weitere Maßnahmen wie z.B. die Einladung zu tiefergehenden, verpflichtenden Trainings aus. Aber auch mit dem erfolgreichen (Teilnahme-)Abschluss eines Trainings muss nicht zwingend der Status „Gelesen und Verstanden“ erreicht sein. Erst mit der abschließenden Prüfung im Rahmen einer Lernerfolgskontrolle ist der Vorgang abgeschlossen.
Wichtige Informationen hingen am Schwarzen Brett, für jeden Mitarbeitenden sichtbar und diese wurde dann auch beim Betreten des Firmengebäudes pflichtschuldig gelesen. Wenn aber alles klar und verstanden (gewesen) wäre, gäbe es keine Arbeitsunfälle, Hygienepannen, illegale Handlungen, Diskriminierung, Rückrufaktionen oder folgenschwere Warning Letters der FDA zum Beispiel nach Inspektionen oder Auditierungen. Heute erfolgt die Kommunikation zu Mitarbeitenden digital. Bei den genutzten Systemen wird für SOP Software häufig der Sammelbegriff eDMS – elektronisches Dokumentenmanagementsystem – verwendet.
Dabei geht es aber nicht nur um den Prozess der digitalen Dokumentenlenkung, sondern auch um die Frage der Herkunft der SOPs, d.h. wo sind diese digital verortet und auffindbar und wie erfolgt der Zugang dazu? Lesen kann jeder, wäre der erste Reflex. Aber tatsächlich ist die Form der Informationsvermittlung inzwischen vielfältiger, kurzweiliger, einprägsamer und darf auch ansprechend sein. Das gesamte Spektrum der digitalen Wissensvermittlung wird inzwischen genutzt – Hauptsache es erreicht die Zielgruppe und wird auch verstanden. Als Medium für Standard Operating Procedures kommen inzwischen nicht nur digitale Dokumente, sondern auch Erklärvideos oder generell Bewegtbilder, Audiobeiträge mit digitalen Avataren oder Virtual Reality zum Einsatz.
Bei den oben genannten Aspekten handelt es sich um die grundlegenden Rahmenbedingungen der Dokumentenlenkung. Diese sind die wesentlichen konzeptionellen Eckpunkte zum Aufbau eines Managementsystems für gelenkte Dokumente.
Ereignisse, Aktivitäten und Veränderungen im SOP-Lebenszyklus:
Herausforderungen und Lösungen
Befindet sich eine solches Verfahren im Einsatz, sind in der Umsetzung operative Aufgaben zu erledigen, ansonsten verliert das Modell die gewünschte Wirkung, gerät außer Kontrolle und verliert die Akzeptanz. Auch für die Bewirtschaftung des Schwarzen Brettes hat es früher eine Zuständigkeit gebraucht. Infoblätter wurden auf- aber auch wieder abgehängt. Der Prozess dazu ist heute unverändert, aber um die Möglichkeiten digitaler Lösungen ergänzt. Grundlegende Anweisungen sind auf der Überschriftenebene konstant, müssen aber im Detail bedarfsorientiert feinjustiert werden. Manchmal ändern sich Verfahren in der pharmazeutischen Herstellung, es kommen hochwertigere Systeme in der Automatisierung zum Einsatz, Hygienevorschriften verändern sich und manchmal wird auch nur die Farbskalierung des Herstellerlogos modernisiert.
All dies erfordert ein Verfahren zur Versionierung von SOPs. Ein auslösendes Ereignis für die Notwendigkeit einer neuen Version sind notwendige Änderungen in der Standard Operating Procedure oder das Erreichen eines Ablaufdatums. Die Erstellung einer neuen SOP Version bedarf etwas an Vorlauf, da der gesamte Erstellungs- und Freigabeprozess erneut durchlaufen werden muss. Eine neue Version ersetzt die Vorgängerversion. Dies erfordert eine penible Planung im Übergang, vergleichbar mit einem Staffellauf. Immer, wenn Veränderungen an anweisenden Dokumenten vorgenommen werden, aber auch wenn SOPs einfach zur mit entsprechender digitaler Signatur zur Kenntnis genommen werden, kurz jegliche Aktivität, muss diese digital in einem sogenannten Audit Trail nachvollziehbar sein.
Aufgrund der hohen Bedeutung von SOPs unterliegt deren Verwaltung und Lenkung den Richtlinien nationaler Behörden; allen voran der FDA oder EMA. Die Einhaltung der GxP-Compliance ist behördlich vorgeschrieben und wird regelmäßig überprüft. Eine Verletzung der Vorgaben kann dabei empfindliche Strafen bis zum Vermarktungsverbot nach sich ziehen oder mit Sanktionen geahndet werden. Letztendlich kann eine Abweichung im schlimmsten Falle Menschenleben kosten. Gerade wenn es um die Patientensicherheit geht, sollten Anweisungen zum Beispiel zum Mischungsverhältnis einer neuen Rezeptur eben nicht auf Zuruf oder in parallelen Informationswelten erfolgen, sondern am Ende immer den Vorgaben der Regulatorik folgen.
Das Mindesthaltbarkeitsdatum bei Lebensmitteln ist allgemein bekannt. Ebenso ist die Gültigkeit und gemeint ist dabei der zeitliche Aspekt von SOPs zu beachten. Kontextabhängig wird bei der SOP-Erstellung immer auch ein Gültigkeits-, d.h. Ablaufdatum definiert, erfahrungsgemäß liegt die „Lebensdauer“ zwischen 12 Monaten und 3 Jahren. Dies bedeutet aber nicht, dass zwanghaft bis zur letzten Sekunde eine SOP gültig sein muss. Wenn sich beispielsweise gesetzliche Rahmenbedingungen oder technische Parameter geändert haben oder SOPs geringfügig formal modifiziert werden sollten, muss ein sofortiger Eingriff möglich sein. Dabei kann die Gültigkeit einer Standard Operating Procedure verlängert oder das Dokument auch außer Kraft gesetzt werden. Derartige Änderungen im Inhalt, der Ziele, Zielgruppe, Verteilung etc. verändern die gesamte Statik des SOP-Lebenszyklus zu einem dynamischen, hochkomplexen Regelnetzwerk.
Die Macht der Daten: SOP-Analyse und -Reporting
Umso wichtiger ist es dabei, den Überblick zu behalten. Die Anzahl der SOPs in mittelständischen Pharma- oder MedTech-Unternehmen geht schnell in die Hunderte bis Tausende, wenn sämtliche Versionen von der ersten Ausfertigung im Archiv bis zur aktuell gültigen Fassung gezählt werden. Jedes Ereignis wie oben expliziert, also eine neue Version, neue regulatorische Anforderungen, Änderungen in der Gültigkeit oder kritische Statusänderungen in der automatisierten Überwachung im Standard Operating Procedure-Lebenszyklus verändern den Status der Compliance Konformität. Analytics bedeutet in diesem Zusammenhang entscheidungsrelevante Informationen zu extrahieren, zu visualisieren, zu aussagekräftigen KPIs zu verdichten, um dann Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Eigenschaften / Ziele
SOPs dienen der Sicherung von Konsistenz und Qualität in den Prozessen sowie der Steigerung von Effizienz und Produktivität und tragen dazu bei, Fehler zu minimieren, Risiken zu reduzieren und die Gesamtleistung zu verbessern. Beschreibende Metadaten sind bedeutend bei der Identifizierung, Organisation, Verwaltung oder Überwachung der SOP`s.
Zielgruppe
Durch die Berücksichtigung der Bedürfnisse verschiedener Zielgruppen können SOPs ihre beabsichtigte Wirkung am besten entfalten und dazu beitragen, die Ziele des Unternehmens zu erreichen. Sprachliche, landes- oder standortspezifische Varianten sind zu berücksichtigen.
Lifecycle
SOPs müssen klar formuliert entwickelt, überprüft, genehmigt,
implementiert, aktualisiert und archiviert werden, um die Konsistenz,
Qualität und Effizienz des Unternehmens sicherzustellen.
Verteilung / Training
Entscheidend für korrekte und effiziente Anwendung ist die rechtzeitige Bereitstellung und ggf. Schulung der Mitarbeiter in jeweils aktuellen Verfahren, ebenso wie der permanente und einfache Zugang zu SOPs.
Medium / System
Die Systemvielfalt zur Verwaltung von textuellen oder (neuer) multimedialen SOPs ist hoch. Von Papier, physischen Ordnern oder Cloud-Speicherlösungen über DMS, QM oder Compliance-Anwendungen bis hin zu spezialisierten SOP Software-Lösungen.
Regulatorik / GxP-Compliance
Speziell EMA oder FDA-regulierte Unternehmen müssen strengste Vorschriften und Standards einhalten, die maßgeblichen Einfluss auf Prozesse und SOP`s haben, um die Compliance- Konformität sicherzustellen.
Versionierung / Audit Trail
…gewährleisten eine lückenlose Nachverfolgbarkeit und Dokumentation sämtlicher Änderungen und Aktualisierungen, um die Integrität und Compliance der Prozessdokumentation sicherzustellen.
Gültigkeit / Änderungen
Der Gültigkeitszeitraum ist bedeutend für die „Lebensdauer“ von SOPs und beeinflusst die formalen Prozesse zur Gültigkeitsverlängerung, Außerkraftsetzung oder zur Überarbeitung/Änderung maßgeblich.
Überwachung / Analyse
Die Integration von Data Analytics und Business Intelligence ermöglicht eine tiefgehende Analyse und Prognose, um die Compliance sowohl in der Gegenwart als auch in der Zukunft zu diagnostizieren und sicherzustellen.
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